Neulich bin ich in einem Gespräch auf einen interessanten Punkt gestoßen: eine junge Frau wunderte sich, daß ihr Mann sie als so bestimmend erlebe und sich nicht gesehen fühle – „dabei bin ich doch sehr oft eher unsicher, was nun für mich stimmt“. Im weiteren Verlauf des Gesprächs zeigte sich, daß sie aus dieser Unsicherheit heraus oft sehr überzeugend wirkende Statements“ heraushaut“ – noch ohne sich eigentlich über ihre Position im Klaren zu sein. Eine weitere Spurensuche ergab, daß sie als Kind und Jugendliche als sehrschüchtern und still galt; in der Phase der Pubertät imponierten ihr dann Gleichaltrige, die schnell reagierten und scheinbar(!) sofort wußten, was sie wollten. Sie ahmte sie nach – und ward ab sofort die Zuschreiben „still und schüchtern“ los. Die positiven Rückmeldungen, die sie jetzt bekam, gingen in Richtung „spontan und lebendig“, was ihr sehr gefiel und sie natürlich anspornte zu mehr desselben.
Die Suche nach der inneren stimmigen Position – die sie ja anstrebt, drohte in Kollision zu kommen mit dem, was sie als ihre Spontaneität und Lebendigkeit anzusehen gelernt hatte.
Aber ist das Spontaneität und Lebendigkeit? Eher nein. Eher fühlte es sich wie eine reaktive Schutzreaktion an, aus der Befürchtung heraus, als Jugendliche von den andern überrollt oder als „Stille“ ( uncool) abgewertet zu werden.
Wenn ich mir nicht die Zeit nehme, die ich brauche, um einen inneren Standpunkt zu finden, laufe ich einfach nur Gefahr, mich ungeprüft andern anzupassen – oder aus Prinzip rebellisch zu reagieren. Beide Möglichkeiten sind nicht in Kontakt mit den eigenen Bedürfnissen – spiegeln eher ein anders Bedürfnis wider: dazuzugehören – oder das Bedürfnis durch „rebellisch – sein“ Anerkennung zu finden.
Spontaneität hat ihren Platz an anderen Stellen; z.B. schlagfertig sein zu dürfen/ können, unerwartete Einfälle/ Ideen äußern, sich zu trauen, seiner Intuition nachzugehen, Improvisation.