Verliebtheit und Liebe

Neulich  bin ich gefragt worden, ob ich ein wenig über Verliebtheit und Liebe schreiben könnte – und vor allem, wie der Übergang von einem Status zum andern wohl gelingen kann.

Verliebtheit – diese Gefühle muß man keinem definieren- wer die Schmetterlinge im Bauch je erlebt hat, weiß worum es geht.

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Dieses Mysterium, dieses Wunder, was Menschen für einige Zeit quasi Flügel verleiht, was leichtfüßig macht und  Lust auf gemeinsames Tanzen, was  die Mühen des Alltags vergessen läßt,  was von mancher Seite auch schon mal als eine vorübergehende psychische Erkrankung bezeichnet wurde 😉   –  dieses Stadium des Seins hat es in sich.

Das  Wunderelixier, aufgrund dessen wir so empfinden und handeln,  hat eine ganz geheime Rezeptur, die den Beteiligten nicht bewußt ist.

( Manchmal ist nach dem „Entlieben“die Ernüchterung und Verwunderung groß: “ was hat`mich bloß an diesem Menschen angezogen???“  ). Wann die Hormone beginnen, Purzelbäume zu schlagen- das bleibt unserm Großhirn zum größten Teil ein Rätsel; andere Areale des Gehirns übernehmen die Regie und das Abenteuer beginnt.

Der Hormoncocktail (mehr dazu z.B. bei https://de.wikipedia.org/wiki/Verliebtheit) bewirkt, daß wir zu Beginn meist überwiegend das am/ an der  Anderen wahrnehmen, was uns gefällt ( und oft sind es Eigenschaften, die wir in uns selbst nicht zulassen und pflegen können! ), was ihn/ sie uns interessant erscheinen läßt und das führt zu einem wechselseitigen  Gefühl,  bestärkt und bestätigt zu werden. So weit – so wunderschön.

Aber wir leben  nicht im Paradies – und die Ernüchterung beginnt meist schleichend. Zum einen entpuppen sich die Seiten des Anderen, die am Anfang so anziehend wirkten, nach und nach als nervig oder gar als Ärgernis *.    Zum anderen  versuchen wir mit Abflauen des Hormoncocktails zunächst, andere Seiten des Partners, die  wir nach einiger Zeit nicht mehr übersehen können,  „kleinzudenkend“:  ist nicht so wichtig – ich sollte mich  nicht so anstellen – das wird sich ändern – damit kann ich leben – das war nur ein Ausrutscher – u.s.w…

Hier beginnt der kritische Übergang! Ich vergleiche diese Entwicklung gern mit folgender Metapher: dem Prozeß der Entscheidung, aus zwei Single- Haushalten ein gemeinsames Wohnprojekt zu entwickeln. Erst gefallen uns die meisten Dinge, mit denen sich der/die Andere umgibt ( es steht ja noch nicht in der gemeinsamen Wohnung)- wir finden sie vielleicht sogar cool oder etwas  spacy; wenn die Planung voranschreitet, beginn die „Toleranz “ zu bröckeln. Der Kampf beginnt: “ diese sperrige Stehlampe willst Du doch nicht etwa ins Wohnzimmer stellen??!!“ – „ach- Du mit Deinem Purismus- sei doch nicht so abwertend!!“ Jetzt zeigt es sich, ob zwei Menschen in der Lage sind, sich gegenseitig in ihrer „Andersartigkeit“ anzuerkennen – oder ob diese Andersartigkeit ein Ärgernis ist, was zur Botschaft führt: „Du bist  verkehrt- du sollst so sein, wie ich das wünsche.“ Letztere Haltung macht echte Kompromisse unmöglich: es entstehen Verletzungen und Groll.

Wenn es einem Paar gelingt, von der Verliebtheit in die Räume der Liebe umzuziehen, hat es eine ganze Menge „Beziehungsarbeit “ geleistet – ähnlich der Hardware – Umzug 2er Single-Haushalte in eine gemeinsame Wohnung oder ein gemeinsames Haus. Analog zu den konkreten Dingen, über die zwei Menschen sich einig werden müssen geht es hier um Eigenschaften, Vorlieben, Verhaltens- und Interpretationsmuster, die jetzt kritischer unter die Lupe genommen werden ( und die man bei Nicht-Gefallen auch nicht so einfach dem Sperrmüll übergeben kann). Auch hier gelingen Konfliktlösungen nur dann, wenn wir das Anders-sein des Anderen akzeptieren  und damit auf Abwertungen und Verurteilungen verzichten können.

Dieser Prozeß ist nur möglich, wenn wir in Kontakt gehen miteinander – und das bedeutet zu allererst: in Kontakt zu gehen mit den eigenen Gefühlen – und uns gegenseitig mit Interesse  begegnen: und dazu kann uns die Phase der Verliebtheit den nötigen Energie-Schwung geben – den Andern nach dieser Phase, die so wohltuend war, jetzt auch in  seinen  sehr andersartigen, uns nicht automatisch bestärkenden Anteilen kennen zu lernen.

* Und noch eine Bemerkung zum Kippen des zunächst sehr Attraktiven ins Gegenteil: Diese Anziehung zu Beginn der Verliebtheit kann für den „Angezogenen“ sehr hilfreich sein: sie ist nämlich oft  ein wichtiger Hinweis, welche Seiten von uns wir nicht leben- die wir kaum entwickelt haben oder die uns untersagt wurden. Wenn wir es schaffen, diese Anteile in uns selbst zu stärken und leben zu lernen, entsteht ein neues Gleichgewicht. Also- auf Dauer: Integration statt Bewunderung! Denn, wenn, wenn etwas Erstrebenswertes auf Dauer immer die Stärke des Anderen bleibt- das findet niemand erstrebenswert.

Siehe auch: Eigeninitiative und da: Integrieren

oder auch: Verliebtheit – ade…

 

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